Lea-Sophies Tod

Veröffentlicht auf von Methusalem

 

Da stirbt in Schwerin ein kleines Mädchen, verhungert einfach.

Die Behörden geraten unter Druck, da hätte doch etwas geschehen müssen...

zunächst einmal: verantwortlich sind die Eltern. Wenn sich da die Staatsanwaltschaft einschaltet, dann tut sie das mit gutem Recht. Denn was die Eltern da getan haben, ist kriminell.

Dem Jugendamt dabei die volle Verantwortung zuzuschieben, erscheint mir nicht gerechtfertigt. Mitverantwortung ja, es lohnt sich sicherlich, über manche Dinge nachzudenken. Der Eingriff staatlicher Behörden in die Erziehungsgewalt (was für ein furchtbares Wort!) ist dabei der kritische Punkt.

Können wir davon ausgehen, dass Eltern automatisch ihre Verantwortung wahrnehmen? Offensichtlich tun sie das nicht immer, können es nicht immer. Für alle möglichen Tätigkeiten braucht man eine Ausbildung, zumindest eine Einarbeitung, wer Auto fahren will, braucht einen Führerschein, klar.

Aber: Kinder in die Welt setzen und erziehen, das darf jeder.

Lea-Sophie ist nur die Spitze eines Eisbergs - dort, wo Eltern mit und in der Erziehung ihrer Kinder scheitern, ist es eine zu einfach "Lösung", andere verantwortlich zu machen. Es ist völlig "normal", sich in allen möglichen Fragen Rat und Hilfe zu suchen, aber wenn es um Erziehung geht... dann wird es heikel.

Die gesellschaftliche Erwartung, das irgendwie können zu sollen und zu müssen, die ist fest verankert und wenn es Auffälligkeiten gibt, ist das Wegsehen natürlich einfach.

Kinder erziehen, das ist etwas, das gelernt werden will, soll und muss. Delegieren: an Erzieherinnen im Kindergarten, an Lehrerinnen und Lehrer in der Schule, dann eben an ein Heim, wenn es noch schwieriger wird, an Psychologen, Kinderärzte und Psychiater... an das Jugendamt, wen auch immer, das ist zu einfach. Qualitätsmangement hier, Qualitätsmanagement da - vor der Erziehung in der Familie macht dieser Trend Halt, da gibt es eine Grenze... es ist tabu.

Druck, Drängen und Fordern, staatliche Überwachung der familiären Erziehung - das wird sich, wenn überhaupt, schwer durchsetzen lassen und wird eine fragwürdige Lösungsrichtung sein. Angebote als Erziehungsbriefe usw. gibt es ja - schwierig ist aber auch, dass es eben unterschiedliche Meinungen darüber gibt, was die "richtige" Erziehung nun überhaupt ist. Nur - dass ein Kind überhaupt keine Chance hat, aufzuwachsen, dass noch nicht einmal die elementarsten Notwendigkeiten des Lebens sichergestellt sind, das ist schwer zu akzeptieren.

Lea-Sophies Tod ist eine Mahnung und bei aller Tragik löst die Geschichte doch auch Nachdenken aus - es ist zu wünschen, dass die Vorschläge aufgegriffen und gründlich durchdacht werden. Vorsorgeuntersuchungen als Pflicht? Termine in einer Erziehungsberatungsstelle als Pflicht, wenn erkennbar wird, dass ein Kind nicht angemessen versorgt wird?

Lea-Sophie hatte keine Chance, gesund aufzuwachsen. Vielleicht würde sie sich wünschen, dass die Kinder, die noch am Leben sind, eine Chance haben. Und wenn die Erschütterung und das Nachdenken über diesen Tod dazu führt, dass sich etwas ändert, dann haben wir wenigstens ihre Stimme gehört - und das vernommen, was sie selbst nicht äußern konnte und nicht mehr kann.

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