Lebensgestaltung ist Rollengestaltung

Veröffentlicht auf von Methusalem

Ausgangspunkt der Überlegungen zur Rollengestaltung ist die Vorstellung, dass sich das Leben zum grössten Teil als soziales Leben vollzieht - auch in den Zeiten, in denen wir allein sind, sind wir nicht "rollenlos". Im direkten Kontakt zu anderen Menschen werden die verschiedenen Rollen konkret - sie sind nur begrenzt wählbar und nur in einem bestimmten Rahmen zu gestalten. Noch bevor ein Kind auf die Welt kommt, hat es schon eine soziale Rolle, noch bevor klar ist, ob "es" ein Junge oder ein Mädchen wird, machen sich andere schon Gedanken, entwickeln Wünsche, Erwartungen, Hoffnungen... Die Rolle des Sohnes oder der Tochter ergibt sich mit der Geburt unmittelbar. Auch dann, wenn beide Eltern verstorben sind, wird der Sohn immer der Sohn seiner Eltern sein, die Tochter stets die Tochter ihrer Eltern. Im Laufe des Lebens kommen weitere Rollen hinzu, werden vielfältiger und können miteinander in Konflikte geraten. Versteht man eine Rolle als einen dynamischen Prozess, der durch die Erwartungen anderer nicht vollständig determiniert ist, dann bleiben Möglichkeiten der Rollengestaltung offen - am deutlichsten wird das in Gruppen, in denen Einzelne sehr wohl unterschiedliche Rollen einnehmen können. So vielfältig wie die Gestaltungsmöglichkeiten sind auch die Formen des Leidens an und in Rollen. Der Wunsch, eine bestimmte Rolle zu übernehmen, mag unerfüllt bleiben, die jeweils zugewiesene Rolle nicht zufriedenstellend, die Erwartungen an eine bestimmte Rolle zu hoch oder auch unbefriedigend gering - sich selbst auszudrücken heisst im allgemeinen: sich in einer Rolle ausdrücken. Ob ich eine Rolle "spiele" oder eine Rolle "bin" - es spielt eine Rolle, welche Rolle ich spiele.

Veröffentlicht in Lebensentwurfarbeit

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